Meldungen aus dem Bezirksverband Weser-Ems
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Auf der Spurensuche

Schülerinnen und Schüler pflegen Kriegsgräberfelder auf dem evangelischen Friedhof in Alt-Georgsmarienhütte

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn auch sein Name vergessen ist.“

Talmund

„Giril Lukaschenko – wer bist du? Welche Geschichte kannst du mir erzählen? Ich säubere gerade deinen Grabstein. Zuerst konnte ich deinen Namen kaum lesen, weil der Grabstein so verwittert war. Jetzt kann ich entziffern, dass du am 18. März 1889 geboren und am 18. Oktober 1918 verstorben bist. Über deinem Namen lese ich, dass du ein russischer Kriegsgefangener bist. Wenn ich diese Daten kombiniere, dann kann ich errechnen, dass du nur 29 Jahre alt geworden bist. Eigentlich ein schönes Alter, in dem man eine Familie gründet und positiv in die Zukunft sieht. Weiß deine Familie, dass du bei uns bestattet bist? 

Du bist auf dem Kriegsgräberfeld des Ersten Weltkrieges bestattet. Dort liegen nicht nur russische Kriegsgefangene, sondern auch viele deutsche Soldaten. Die Gräber sind nicht sortiert. Hier ruhen deutsche Soldaten und russische Kriegsgefangene fast abwechselnd. Giril, was hast du damals hier gemacht? Musstest du hier arbeiten? Wo hast du gelebt? Du bist im Oktober 1918 gestorben. Allerdings sind tatsächlich auch viele andere russische Kriegsgefangene in diesem Monat gestorben. Wart ihr krank? Oder waren die Bedingungen so schlecht für euch? Kurz nach deinem Tod wird die Novemberrevolution das Ende des Ersten Weltkriegs bringen. Hättest du diesen Monat überlebt, wärst du vielleicht frei gewesen? 

Ich werde mich auf die Spurensuche nach dir begeben. Wir haben jetzt nämlich eine besondere Verbindung. Ich habe deinen Grabstein gesäubert, man kann deinen Namen lesen, du bist dann nicht vergessen und irgendwann werde ich wissen, wer du bist.“

Unsere Schule – die Realschule Georgsmarienhütte – feierte im September 2025 ihr 111. Jubiläum. Sie wurde im April 1914 gegründet. Im Rahmen des Schuljubiläums haben sich die Schülerinnen und Schüler an einem Engagement- und Ehrenamtstag für das Zusammenleben in der Gemeinschaft eingesetzt. 21 Schülerinnen und Schüler aus dem 8., 9. und 10. Jahrgang haben an diesem Tag für das Projekt „Auf der Spurensuche auf dem evangelischen Friedhof in Alt-Georgsmarienhütte“ entschieden. Es wurden die Steine auf zwei Kriegsgräberfeldern gesäubert und es haben sich viele Fragen gestellt. Ein Wahlpflichtkurs aus unserem 9. Jahrgang wird sich weiter auf die Spurensuche machen, die Geschichten der Menschen erforschen und sie wieder sichtbar machen. 

Maren Stindt-Hoge, Realschule Georgsmarienhütte